Autismus-Spektrum-Störung (ASS)


Autismus (griech.: autos = selbst, ismos = Zustand/Orientierung) zählt zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen. 

Die Definition von Autismus und die Diagnosekriterien unterliegen einem zeitlichen Wandel. Nach den Wissenschaftlern, die das Phä-nomen erstmalig beschrieben haben, unterschied man bisher zwi-schen frühkindlichem Autismus oder Kanner-Autismus (nach Leo Kanner 1943; vereinfacht gesagt Auffälligkeiten im Verhalten vor dem 3. Lebensjahr, meist Sprachentwicklungsverzögerung, keine motorische Ungeschicklichkeit) und dem Asperger-Syndrom (nach Hans Asperger 1944; vereinfacht gesagt Auffälligkeiten im Verhal-ten erst ab dem 3. Lebensjahr, keine Sprachentwicklungsverzöge-rung, häufig motorische Auffälligkeiten). 

Entscheidend sind Verhaltensauffälligkeiten in den Bereichen Soziale Interaktion, Kommunikation/Sprache und Stereotypes Verhalten/Interessen/Rituale. Sind Verhaltensauffälligkeiten nur in 2 der 3 zentralen Bereiche vorhanden oder weicht das Erkran-kungsalter ab, spricht man von atypischem Autismus.

Im Zuge der Neufassungen der Diagnosekriterien der amerikani-schen psychiatrischen Gesellschaft (DSM-V, 2013) und den Diagnosekriterien der Weltgesundheitsorganisation (ICD11, 2015) ändert sich die Sichtweise von Autismus und man geht heute von einem Autismus-Spektrum aus, das sich von autistischen Zügen ("Schüchternheit/Eigenbrötlerei"; "broader autism phenotype") bis zu frühkindlichem Autismus mit starken Verhaltensauffälligkei-ten erstreckt. Es gibt also unterschiedliche Symptome, Verhal-tensausprägungen und Schweregrade. Ein Autist gleicht keinem anderen, was eine erfolgreiche Diagnostik gelegentlich schwierig macht. 

Ein Teil der Forscher, Fachleute und Betroffenen selbst beschreibt Autismus als angeborene unterschiedliche Informationsverarbei-tung im Gehirn, die neben den beschriebenen Problemen und Schwächen auch Stärken bei Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz beinhaltet und gelegentlich Inselbega-bungen hervorbringt. Sie lehnen eine ausschließlich defizitäre Betrachtungsweise ab. Im Zuge dieser Diskussion wurde der Begriff "Aspie" geprägt.

Nahezu alle "autistischen" Verhaltensweisen gibt es auch in der sogenannten "Normalbevölkerung", entscheidend beim Autismus sind Ausprägung und Ausmaß dieser Verhaltensweisen und der Grad an Problemen, die dadurch verursacht werden.

Die Ursachen für Autismus sind nicht eindeutig erforscht, diskutiert werden genetische Faktoren ebenso wie neurobiologische Beson-derheiten und Umweltfaktoren.

Autismus ist bisher nicht ursächlich behandelbar, durch gezielte Therapien, die für jedes Kind individuell gefunden und angepasst werden müssen, können aber Symptome und Begleiterkrankungen (komorbide psychische Störungen wie Depressionen, Angst usw.) gebessert und positive Entwicklung ermöglicht werden. Damit wird durch gezielte Förderung und Unterstützung die Lebensqualität betroffener Kinder entscheidend verbessert.